DIE PRESSE: Margaret Thatcher veränderte ihr Land radikal – und die Welt dazu.
London. In der Öffentlichkeit war sie nach einer Serie kleiner Schlaganfälle schon lange kaum mehr zu sehen gewesen, doch im gesellschaftlichen Bewusstsein ist sie bis heute omnipräsent: Kein Politiker der Nachkriegsgeneration hat Großbritannien so geprägt wie die nun im 88. Lebensjahr verstorbene Margaret Thatcher. Als erste weibliche Premierministerin des Vereinigten Königreichs schrieb sie Geschichte.
Das Land, das Thatcher 1979 übernahm, kennt man heute (fast) nur mehr aus sozialkritischen Filmen. Drei Jahre zuvor musste der Internationale Währungsfonds die einstige Weltmacht vor dem Staatsbankrott retten. Im „winter of discontent“ 1978/79 brachten Streiks der allmächtigen Gewerkschaften das Land an den Rand des Zusammenbruchs. Die Welle des Missbehagens trug die weitgehend unterschätzte Thatcher ins Amt des Premierminsters, das sie elf Jahre innehaben sollte.
Es waren ausgerechnet die Sowjets, die früh den wahren Charakter der konservativen Politikerin erkannten. Als Thatcher 1976 eindringlich vor dem Streben des kommunistischen Moskaus nach der Weltherrschaft warnte, verlieh ihr die Armeezeitung Krasnaja Swesda den Beinamen „Eiserne Lady“. Thatcher hat die Bezeichnung zeit ihres Lebens als Ehrennamen getragen. In Ronald Reagan, der 1980 US-Präsident wurde, fand sie einen kongenialen Partner. Beiden wird ein beachtlicher Anteil am Fall des Eisernen Vorhangs zugeschrieben. Die deutsche Wiedervereinigung aber bereitete ihr, wie Helmut Kohl bis heute klagt, tiefes Unbehagen. » | Gabriel Rath | Korrespondent der Presse | Montag, 08. April 2013