DIE PRESSE: Der zurückgetretene deutsche Bundespräsident Christian Wulff will weder auf Ehrensold (200.000 Euro) noch auf Büro und Stab verzichten. Die SPD möchte ihn jetzt ohne militärische Ehren in Pension schicken.
Berlin. Donnerstag werden die Soldaten aufmarschieren, zu nächtlicher Stunde im Schlosspark von Bellevue, samt Pauken, Fackeln und Trompeten. Mit einem Großen Zapfenstreich, der höchsten militärischen Ehrenbezeugung, wird Christian Wulff verabschiedet. Dann sollte eigentlich Ruhe einkehren in der Affäre um einen Bundespräsidenten, der zurücktreten musste, weil Staatsanwälte gegen ihn wegen des Verdachts auf Vorteilsannahme ermitteln. Doch auch der pompöse Abgang sorgt für Irritation. SPD-Politiker halten die Zeremonie in diesem Fall für unangemessen, das Ex-Staatsoberhaupt solle sich in Demut üben.
Damit sprechen sie wohl den meisten Deutschen aus der Seele. Schon die Zusicherung des Ehrensoldes, einer lebenslangen Sofortpension von knapp 200.000 Euro jährlich, erregt die Gemüter. 84 Prozent der Befragten wünschen sich, dass Wulff darauf verzichtet. Laut „Spiegel“ fordert er aber auch die Zusatzleistungen, die den vier anderen noch lebenden Ex-Präsidenten finanziert werden. Offenbar ist es das, was er unter einer Frage der Ehre versteht. » | Von Karl Gaulhofer | Die Presse | Montag, 05. März 2012