SPIEGEL ONLINE: Ultraorthodoxe müssen nicht zum Wehrdienst: So war es in Israel über Jahrzehnte geregelt. Jetzt hat sich das höchste Gericht des Landes gegen die Freistellung der Tiefreligiösen ausgesprochen und fordert eine Gesetzesänderung. Prompt regt sich Widerstand.
Mehr als 30 Jahre lang hat Yehuda Ressler für diesen Augenblick gekämpft. Jetzt ist der pensionierte Rechtsanwalt "überglücklich, ja ekstatisch": Israels höchster Gerichtshof gab ihm in der Klage 6298/07 Recht, die Ressler 1981 eingereicht hatte. Sie sollte die Freistellung ultraorthodoxer Juden vom Militärdienst beenden. Sechs von neun Richtern kamen jetzt zu dem Ergebnis, dass das Gesetz tatsächlich gegen den Grundsatz der Gleichstellung verstößt - und fordern Änderungen.
"Ein himmelschreiendes historisches Unrecht kommt damit seinem Ende näher", sagt Ressler. Viele Israelis fühlen wie er. Das Urteil des Gerichts befasst sich mit einer der heikelsten und ältesten Streitfragen der israelischen Innenpolitik: Eigentlich muss jeder jüdische Israeli drei, jede jüdische Israelin zwei Jahre Wehrdienst leisten, danach zusätzlich bis zu 30 Tage Reservedienst bis zum 45. Lebensjahr. Doch seit der Staatsgründung 1948 gibt es eine große Ausnahme: Der erste Premier David Ben-Gurion enthob alle ultraorthodoxen Thoraschüler der Wehrpflicht.
"Diese Ungleichheit! Meine Enkel müssen bald in die Armee, und ultraorthodoxe Eltern schlafen weiter in Ruhe, weil ihre Kinder nicht dienen müssen und von meinen geschützt werden!", sagt Ressler. » | Von Gil Yaron, Tel Aviv | Donnerstag, 23. Februar 2012