Tuesday, April 26, 2011

Baschar al Assad: Der Unfreiwillige

FRANKFURTER ALLGEMEINE: Im elften Jahr seiner Herrschaft sieht sich Baschar al Assad vom „Arabischen Frühling“ herausgefordert; er reagiert äußerst brutal auf die Proteste. Als junger Mensch hatte er noch gehofft, als Augenarzt praktizieren und sich aus dem politischen Geschäft heraushalten zu können.

Der 21. Januar 1994 war ein Schicksalstag für Syrien: Basil al Assad, ältester Sohn des Staatspräsidenten Hafez al Assad, raste mit seiner Limousine dem Flughafen von Damaskus entgegen, weil er ein Flugzeug erreichen musste. Er verlor die Kontrolle über sein Fahrzeug und prallte gegen eine Absperrung aus Beton, das Auto überschlug sich. Der Fahrer war sofort tot. Basil al Assad war schon seit vielen Jahren als der sozusagen natürliche Nachfolger seines Vaters vorgesehen gewesen; er hatte sich darauf vorbereitet, und alle Syrer hatten diese Art der dynastischen Nachfolge verinnerlicht.

Doch nun musste alles anders kommen. Zwar blieb es bei der Assad-Dynastie, aber Basils jüngerer Bruder Baschar musste in die Bresche springen. Baschar, Jahrgang 1965, lebte damals in London. Und er lebte dort, wie man hörte, nicht ungern. Nach dem Studium der Augenheilkunde hoffte er, in seiner syrischen Heimat praktizieren und sich aus dem politischen Geschäft, so weit das überhaupt möglich war, heraushalten zu können. Jetzt aber, nach dem Tod des zwei Jahre älteren Bruders, waren diese Träume ausgeträumt: Baschar wurde politisch aufgebaut und erbte den Damaszener Thron, als sein Vater Hafez im Jahre 2000 starb - nach dreißig Jahren Machtausübung. » | Von Wolfgang Günter Lerch | Dienstag, 26. April 2011