WELT ONLINE: Husni Mubarak hat die Muslimbrüder bislang mit aller Macht bekämpft. Stürzt er, könnte die islamistische Organisation an der Regierung beteiligt werden.
Bei dem sich abzeichnenden Umbruch in Ägypten ist die künftige Rolle der Muslimbruderschaft derzeit völlig unklar. Erst spät haben sich die Brüder an den Protesten gegen die Regierung von Präsident Husni Mubarak beteiligt. Wie schon vor den Parlamentswahlen im Herbst vergangenen Jahres unterstützen sie dabei den Hoffnungsträger der Demonstranten, Mohammed al-Baradei.
„Die Revolte jetzt hat die Muslimbrüder von ihrem Sockel geholt“, sagt der stellvertretende Chefredakteur der regierungsnahen Zeitung „Al Ahram“, Abdel Athim Hamad. Bisher habe er sich nur die Islamisten als Aufrührer eines solchen Volksaufstandes vorstellen können.
Anders als er beobachten die koptischen Christen in Ägypten diese Entwicklung mit Sorge. „Die Muslimbrüder verstärken jetzt massiv ihre Propaganda, und sie bereiten sich intensiv auf die Zeit nach Mubarak vor“, sagt die leitende Redakteurin der Kairoer Wochenzeitung „Watani International“, Samia Sidhom. „Wir fürchten, dass die Bruderschaft an die Schalthebel der Macht in Kairo gelangen könnte.“
Ganz offen mahnt die US-Regierung al-Baradei schon jetzt vor einem Bündnis mit den Islamisten. Sie wünsche sich eine Regierung „echter Demokraten“, sagt US-Außenministerin Hillary Clinton.
Seit Jahrzehnten sucht die Bruderschaft den Weg zur Macht. Sie strebt eine islamische Gesellschaft an, die nach dem Recht der Scharia lebt. Erreicht hat Bruderschaft dieses Ziel in ihrer 82-jährigen Geschichte nie. Über Jahrzehnte wurden ihre Mitglieder verfolgt und mussten um ihr Leben bangen. >>> Autor: Günther Lachmann | Dienstag, 01. Februar 2011