ZEIT ONLINE: Farbige Skandale, politische Leere: Die Präsidentschaft von Nicolas Sarkozy tritt in das Stadium der Zersetzung
Jeden Tag kommt etwas heraus. Regierungsmitglieder logierten in Luxushotels, flogen in Privatjets oder rauchten Havannas im Gesamtwert von 12.000 Euro – alles auf Staatskosten. Frankreich ist in Skandalstimmung. Zwar gehört Aufregung um Vorteilsnahme und Parteifinanzen seit je zur Dramaturgie der Pariser Politikdarbietung, ganz gleich, ob Rechte oder Linke die Macht innehaben. Jetzt aber droht der Regierung die Kontrolle zu entgleiten. Ansehen und Autorität des Präsidenten zerbröseln, es ist bereits vom Ende einer Ära die Rede. Es geht um mehr als Dekadenz: Die Regierung diskreditiert sich selbst in einem Augenblick der nationalen und europäischen Krise, da das Land eigentlich politische Führung bräuchte. Und mit dem Respekt vor der Präsidentschaft von Nicolas Sarkozy droht das Reformprojekt zu scheitern, das mit ihm trotz aller Schwächen doch eigentlich verbunden war.
Am schlechtesten steht es um den Arbeitsminister Éric Woerth, als Verantwortlicher für die Rentenreform derzeit der wichtigste Mann der Regierung. Woerth muss sich gegen Vorwürfe verteidigen, als Schatzmeister der Regierungspartei illegale Spenden entgegengenommen zu haben – der gleiche Éric Woerth, der die Spenderin, die mutmaßliche Steuerbetrügerin Liliane Bettencourt, in seiner Amtszeit als Finanzminister vor Nachforschungen bewahrt haben soll. Ausgerechnet Woerths Frau wiederum kümmerte sich in jener Zeit um die Finanzen der Milliardärin und L’Oréal-Erbin. Am Dienstag gar behauptete eine ehemalige Mitarbeiterin Bettencourts, dass auch Nicolas Sarkozy persönlich Briefumschläge mit verbotenen Spenden entgegengenommen habe, als er ums Präsidentenamt kämpfte. Verhängnisvolle Zigarren >>> Von Gero von Randow | Mittwoch, 07. Juli 2010