Tuesday, June 15, 2010

Shirin Ebadi. Bild: Die Presse

Ebadi: "Im Iran spielt Recht schon lange keine Rolle"

DIE PRESSE: Friedensnobelpreisträgerin Ebadi berichtete in Wien, wie Teherans Regime sie einschüchtern will. Ebadi schätzt, dass 800 Anhänger der Oppositionsbewegung in Haft sind, zusammengepfercht mit Schwerverbrechern.

WIEN. Seit Shirin Ebadi bei der Durchsicht von Dokumenten zufällig auf ihr eigenes Todesurteil stieß, ist sie auf der Hut. Doch einschüchtern lässt sich die iranische Friedensnobelpreisträgerin nicht. „Ich werde nicht schweigen“, sagt die 63-jährige Menschenrechtsaktivistin, und ihr bestimmter Blick verrät, dass sie das ernst meint. Komme, was da wolle. Vergangene Woche strahlte Irans Staatsfernsehen im Hauptabendprogramm einen Beitrag aus, in dem Ebadis Ehemann, Jawad Tawasolian, seine eigene Frau diffamiert. Politisch fehlgeleitet sei sie und eine schlechte Gattin auch. Sogar seine Brille habe sie zerbrochen, behauptet da Tawasolian. Shirin Ebadi erzählt die Episode vor Journalisten im Wiener Hotel Sacher ganz ruhig. Nicht den Anflug einer inneren Erschütterung will sich die kleine, zierliche Frau anmerken lassen. Diesen Triumph gönnt sie ihren Gegnern nicht. >>> Christian Ultsch, Die Presse | Dienstag, 15. Juni 2010