WELT ONLINE: Für den deutschen Außenminister nahm sich die Pekinger Führung viel Zeit. Mit freundlichem Gesicht hörte man sich von Guido Westerwelle dabei auch dezente Kritik an. Er folge dem Prinzip, „steter Tropfen höhlt den Stein", so Westerwelle. Doch Pekings Prioritäten liegen ganz woanders.
Außenminister Guido Westerwelle feierte seinen erfolgreichen Antrittsbesuch bei Pekings Führung Freitagnacht mit einem späten Dinner im feudal-exklusiven „China-Club Beijing“. Das während der Qing-Dynastie erbaute kaiserliche Palais im Zentrum der Hauptstadt diente zu Zeiten Maos 35 Jahre lang als proletarisches Sichuan-Spezialitäten-Restaurant, wo auch Deng Xiaoping der chilischarfen Küche huldigte. Dann wurde der Hotpot in den neunziger Jahren von reichen Investoren zum Dritten im Bunde der vornehmen „China-Club Kette“ Hongkongs und Singapurs umgebaut und Mitglieder-Treff für 1600 auserwählte Neureiche der Gesellschaft.
Die bewegte Geschichte Chinas spiegelt sich im Wandel Klubs wieder. Es ist die angemessene Kulisse zum Nachdenken für Westerwelles Umgang mit der künftigen Weltmacht Chinas.
Der Liberale will dafür eine Anleihe bei der lange zurückliegenden Koalition von Willy Brandt und Walter Scheel machen und übernimmt ihr Motto vom „Wandel durch Handel“. Er glaube daran, so lautet Westerwelles Fazit zu seinem zweitägigen Chinabesuch, dass Deutschland eine „ebenso wertorientierte wie interessenorientierte“ Außenpolitik gegenüber Peking vertreten muss. Er stehe für eine Außenpolitik, die die „Wirtschaft fördern und bei der Frage der Menschenrechte nicht leise treten will.
Wandel durch Handel und kulturellen Austausch und nicht durch Gesprächsverweigerung“ sei das Prinzip, von dem er sich leiten lasse. „Steter Tropfen höhlt den Stein.“ >>> Von Johnny Erling | Samstag, 16. Januar 2010