WELT ONLINE: Dass sehr viele Iraner die Herrschaft der Mullahs ablehnen, haben sie auf den Straßen demonstriert. Mittlerweile zeigen sich ernsthafte Risse in der Theokratie. Im offenen Machtkampf zwischen verschiedenen Mullah-Fraktionen stecken Anzeichen einer Agonie des Systems. Der Iran treibt auf eine Revolution zu.
Von Lenin stammt die klassische Definition einer revolutionären Situation. Sie tritt ein, wenn die Beherrschten nicht mehr so wollen und die Herrschenden nicht mehr so können wie bisher. Wie es aussieht, treibt der Iran auf eine solche Situation zu.
Dass sehr viele Iraner die Herrschaft der Mullahs ablehnen, haben sie auf den Straßen bewiesen; nun zeigen sich ernsthafte Risse innerhalb der Theokratie. Beim Freitagsgebet hat Ayatollah Ali Akbar Haschemi Rafsandschani, Ex-Präsident und Kampfgefährte des Revolutionsführers Khomeini, die Legitimität des gegenwärtigen Regimes infrage gestellt. Die Regierung habe zunächst das Vertrauen in das Volk verloren, das Volk darauf das Vertrauen in die Regierung, so Rafsandschani. Er forderte die Freilassung inhaftierter Demonstranten, Freiheit der Presse und – indirekt zwar, aber deutlich – eine Revision oder Wiederholung der Präsidentenwahl. Anders sei die „Krise“, die das „System gefährdet“, nicht zu bewältigen. Das ist ein Gorbatschow-Moment. >>> Von Alan Posener | Donnerstag, 18. Juli 2009