WELT ONLINE: Den oppositionellen Demonstranten im Iran gilt er als Held: Mir Hussein Mussawi galt als Zögling Ayatollah Khomeinis in den frühen Tagen der Revolution, dann zog er sich aus der Öffentlichkeit zurück. Nun ist er wieder da und hat revolutionäre Ideen im Gepäck. Er könnte den Iran verändern wie kaum jemand sonst.
Zwanzig Jahre lang hat er geschwiegen, jetzt plötzlich, innerhalb von Tagen, hat die Schockwelle einer zweiten iranischen Revolution den 67-jährigen Mir Hussein Mussawi ins Rampenlicht der Weltaufmerksamkeit katapultiert. Mussawi, ein Kaufmannssohn aus der Provinz Aserbaidschan, ist ein völlig anderes Kaliber als das, was man bisher an Reformern im Iran erlebt hat. Ihn identifiziert man nicht mit den Studenten und Intellektuellen, sondern mit den „Barfußjahren“ der Revolution.
Er war der Lieblingssohn von Ayatollah Ruhollah Khomeini in den wüsten, finsteren Jahren des Kriegs gegen den Irak. Er war Ministerpräsident während dieser Zeit – ein Amt, das es heute gar nicht mehr gibt. In Stadt und Land erinnert man sich an das System von Rationierung und Lebensmittelkarten, mit dem er die iranische Wirtschaft, die jetzt vollends in Trümmern liegt, durch die Kriegsjahre steuerte. Familien, nicht nur die der „Märtyrer“, die ihre Söhne zu Hunderttausenden auf die Schlachtfelder schickten, hatten nicht zuletzt durch ihn immer etwas zu essen; das haben sie nicht vergessen.
„Er ist womöglich der einzige Mensch auf der politischen Bühne im Iran, der es von der politischen Statur her mit dem Obersten Revolutionsführer Chamenei aufnehmen kann“, meint die Iran-Expertin Laura Secor. Die Khomeini-Anhänger in den Machtapparaten respektieren ihn, aber auch die Revolutionsgarden und die höhere Geistlichkeit. Traditionelle, religiöse Menschen unterstützen ihn auch.
Mussawi kommt aus dem Milieu der radikalen iranischen Linken; derjenigen, die Ende der Siebzigerjahre an der Seite der Mullahs für den Sturz des Schahs kämpften. „Bei ihnen verband sich Misstrauen gegen den Westen und gegen die Marktwirtschaft“– nicht zuletzt wegen der Erfahrungen mit British Oil und amerikanischen Ölgesellschaften, aber auch wegen der Rolle der CIA beim Sturz des frei gewählten Präsidenten Mossadegh 1953 – ein Ereignis, dessen Bedeutung für die späteren Beziehungen zwischen dem Iran und dem Westen man gar nicht hoch genug veranschlagen kann. >>> Von Mariam Lau | Mittwoch, 17. Juni 2009