Es gibt vieles, was die derzeit am Parteitag in Birmingham versammelten konservativen Abgeordneten Grossbritanniens ihrer Chefin übelnehmen: die mit ihnen nicht abgesprochene Radikalität ihrer finanzpolitischen Ansätze, der dadurch ausgelöste Vertrauensverlust an den Finanzmärkten oder der Absturz der Partei in den Wählerumfragen. Besonders sauer stiess vielen Tories die Aussage von Liz Truss im grossen TV-Interview vom Sonntagmorgen auf, nicht sie, sondern ihr Schatzkanzler Kwasi Kwarteng habe den am meisten kritisierten – und am Montag zurückgenommenen – Entscheid getroffen, den Spitzensteuersatz für sehr hohe Einkommen zu senken.
Eine Politikerin, die derart forsch und überheblich auftritt wie die neue Premierministerin, muss für ihre Entscheidungen einstehen, auch wenn sie das Glück verlässt. Doch Truss hat mit der schnellen Distanzierung von ihrem wichtigsten Minister und Mitstreiter nebst ihren verblüffenden politischen und finanzwirtschaftlichen Fehleinschätzungen auch eine persönliche Schwäche erkennen lassen. Das wird man ihr nicht vergessen in Westminster. » | Peter Rásonyi | Montag, 3. Oktober 2022