Sein Job ist es, das Gleichgewicht zu halten, und man kann sagen: Bis jetzt gelingt ihm das. Der amerikanische Aussenminister Antony Blinken traf sich vergangene Woche mit seinem russischen Amtskollegen Sergei Lawrow in Genf zu Gesprächen, er reiste nach Kiew und Berlin, bemüht darum, dass der Ukraine-Konflikt nicht weiter eskaliert. Bei all seinen Auftritten zeigte er Format, wie es sich für einen Diplomaten gehört: Er gab sich vermittelnd, umsichtig, dialogbereit, weltgewandt.
Der Mann stellt eine wohltuende Ausnahme dar unter den Lauten und Grandiosen, die gerade die Aktualität formen – unter den negativ auffallenden Männern in Wirtschaft und Politik. Deshalb will ich ihn hier beschwärmen. Naiv vielleicht, aber ich brauche in diesen lärmigen Zeiten einen Helden, in den ich etwas Hoffnung projizieren kann.
Natürlich urteile ich aus der Ferne, auch ziehe ich keine politische Bilanz der 367 Tage, die Blinken nun im Amt ist. Dennoch: Als er von Präsident Joe Biden zum Aussenminister ernannt wurde, war ich wohl nicht die einzige Frau, die dachte: Alles wird besser. Nicht nur was den politischen Stil betrifft. Mit Antony Blinken, der im April sechzig wird, reihte sich ein neuer Richard Gere in die erste Reihe im Weissen Haus ein. » | Birgit Schmid | Freitag, 28. Januar 2022