Wednesday, January 09, 2013

»Wir wollen unseren Platz in Deutschland finden«

GIEßENER-ALLGEMEINE: Lollar/Staufenberg (khn). Viele Muslime lassen sich nach ihrem Tod hierzulande nicht beerdigen. Ändert sich das mit dem Ende der Sargpflicht? Die GAZ hat in Lollar und Staufenberg nachgefragt.

Wer über den Friedhof in Lollar läuft, sieht neben deutschen Namen auf den Grabsteinen auch solche, die italienisch und portugiesisch klingen. Türkische oder arabische Namen hingegen gibt es nicht. Das hat einen Grund: Das deutsche Gesetz steht vielerorts mit islamischen Beerdigungsvorschriften in Konflikt. Nun hat der hessische Landtag entschieden: Die Sargpflicht, eine der größten Hindernisse für Muslime, in Deutschland beerdigt zu werden, ist passé. »Es wäre schön, wenn die jüngere Generation der Einwanderer endlich ihren Platz in Deutschland finden könnte«, sagt Süleyman Susam von der Gemeinde der guten Sitten.

Ein Muslim soll dort beerdigt werden, wo er gearbeitet und gelebt hat, heißt es im Koran – dem heiligen Buch des Islams. In Deutschland leben über vier Millionen Menschen mit diesem Glauben. Viele arbeiten hier, zahlen Steuern, gründen Familien, besitzen Immobilien – kurzum: Sie haben ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland gefunden. Beerdigen lassen wollen oder können sie sich streng genommen aber nicht. Einer der Gründe ist der Konflikt zwischen islamischen Bestattungsvorschriften und deutschem Gesetz.

Da wäre zunächst einmal die im Islam geregelte unbegrenzte Liegezeit. Sie steht im Widerspruch zu gesetzlichen Ruhefristen auf deutschen Friedhöfen, die bei Erdbestattungen 20 bis 30 Jahre beträgt. Zwar kann das Ende der Nutzung auf Antrag verlängert werden. Eine »ewige« Garantie ist damit aber nicht verbunden. Auf islamischen Friedhöfen ist es hingegen ausgeschlossen, dass das Gelände jemals anders genutzt wird.

Das islamische Gebot, dass der Gläubige noch am Tag seines Todes beigesetzt wird, widerspricht der Vorschrift, nach dem Tod eine Wartezeit bis zur Bestattung einzuhalten. In der Regel sind das mindestens 48 Stunden. Das größte Hindernis ist aber (bisher) der Sargzwang gewesen. Bei Erdbestattungen muss hierzulande der Leichnam in einem Sarg beigesetzt werden. Im Islam wird dieser im Sarg bis zum Grab transportiert und dann – ohne Sarg, aber in Leichentücher gewickelt – bestattet. » | Mittwoch, 09. Januar 2013