Wednesday, June 01, 2011

Neue Sicherheitsdoktrin: USA erklären das Netz zum Kriegsschauplatz

SPIEGEL ONLINE: Das Pentagon hat eine neue Richtlinie: Legt ein Hacker-Angriff wichtige Infrastrukturen lahm und gefährdet Menschenleben, kann die US-Armee einen Vergeltungsschlag starten - mit konventionellen Waffen. Kritiker warnen vor Überreaktionen und befürchten sinnlose Aufrüstung.

Hamburg - Die USA wähnen sich im Internet-Krieg - und behalten sich vor, künftig mit konventionellen Mitteln auf Hacker-Angriffe zu reagieren. Setzt ein Land Viren, Würmer und Trojaner in Bewegung, riskiert es eine Vergeltung durch Kampfjets, Panzer und Bodentruppen. "Wer die Stromnetze unseres Landes sabotiert, muss mit Raketen im Schornstein rechnen", sagte ein Pentagon-Sprecher dem "Wall Street Journal". Der Cyberwar soll nicht länger nur virtuell geführt werden.

Es ist ein Vorgeschmack auf eine neue Strategie der US-Regierung. Das Verteidigungsministerium ist derzeit dabei, formale Regeln zum Umgang mit Internet-Angriffen aufzustellen. Nach jahrelanger Diskussion soll die Cyber-Doktrin jetzt in Kraft treten. 30 Seiten umfasst die Strategie, Teile davon sollen im Juni vorgestellt werden. Kernbestandteil: Sollte ein Cyber-Angriff die Energieversorgung stören, Krankenhäuser ausschalten und somit viele Menschenleben in Gefahr bringen, wird zurückgeschlagen.

Mehr als 100 ausländische Geheimdienste würden versuchen, in amerikanische Rechnernetze einzudringen, warnte ein Pentagon-Sprecher. Einige der Angreifer seien in der Lage, die Kommunikationsnetze zum Erliegen zu bringen - doch bei den meisten Attacken ist das gar nicht die Absicht. Viel öfter geht es um geheime Informationen, um Spionage. Menschenleben sind hier zunächst nur indirekt betroffen. » | Von Ole Reißmann | Mittwoch 01. Juni 2011