Wednesday, May 12, 2010

Der moderne Konservative: Cameron krempelt die Tories um – Chemie in der Koalition stimmt

NZZ ONLINE: Von seiner Herkunft ist der neue britische Premier David Cameron ein typischer Tory. Doch die Zeit der «nasty party» Margaret Thatchers ist vorbei. Mit dem Liberaldemokraten Nick Clegg verbindet Cameron mehr, als vielen in seiner Partei lieb ist.

Als 1997 der damals 43-jährige Tony Blair mit überwältigender Mehrheit zum britischen Premierminister gewählt worden war, ging ein Ruck durch Grossbritannien. Der charismatische Blair galt weit über die Grenzen seiner Partei und seines Landes hinaus als Idol und Hoffnungsträger für den Aufbruch in eine bessere Zukunft.

Skeptische Wähler

Am Mittwoch hat der ein halbes Jahr jüngere Konservative David Cameron seinen ersten Arbeitstag am Regierungssitz in Downing Street begonnen. Er ist kaum weniger eloquent, selbstbewusst, dynamisch und charismatisch als Blair. Doch die Bürger begegnen ihm mehr mit Skepsis als mit Euphorie. Die Wähler haben Cameron nicht einmal eine klare Regierungsmehrheit gegeben, was ihn zur ersten Koalitionsregierung mit den Liberalen der Nachkriegszeit zwang.

Traumpaar

Doch manche munkeln, das sei ihm gar nicht so schwer gefallen, wie man das von einem richtigen Konservativen erwarten müsste. Die durch ihren ebenso jungen Parteiführer Nick Clegg repräsentierten Liberaldemokraten passen bestens zum Image der modernen, urbanen, optimistischen, sozial aufgeschlossenen und toleranten Partei, zu der Cameron die Konservativen seit seiner überraschenden Wahl zum Parteiführer vor fünf Jahren zu machen versucht. Das Führungsteam der Liberalen ist ähnlich jung, liberal, tolerant und privilegiert wie jenes Camerons.

Es erstaunt nicht, dass alle Beteiligten von den Koalitionsgesprächen berichteten, wie gut sich die beiden Teams auf Anhieb verstanden und einander vertraut hätten. Die Regierungsbeteiligung der Liberalen könnte deshalb dem Image der Konservativen gut tun und Cameron vor Angriffen unzufriedener Traditionalisten der eigenen Partei schützen. Nicht mehr die «nasty party» >>> Peter Rásonyi, London | Mittwoch, 12. Mai 2010

NZZ ONLINE: «Jetzt sind wir Kollegen» : Cameron und Clegg geben Teile ihres Programms bekannt >>> ddp | Mittwoch, 12. Mai 2010