DIE PRESSE: Nach den niederländischen Kommunalwahlen ist der Rechtspopulist Wilders im Aufwind. Der Mann mit dem gefärbten Blondschopf setzt auf Islamkritik und innere Sicherheit. Die Anschläge von 9/11 haben ihn radikalisiert.
Innerhalb von nur einer Woche erlebte Geert Wilders zwei ganz große Triumphe. Der erste war sein Wahlsieg bei den Kommunalwahlen in den Niederlanden, bei denen er mit seiner „Partei für die Freiheit“ (PVV) in der Stadt Almere stärkste politische Kraft wurde; am Regierungssitz in Den Haag stieg die PVV zur zweitgrößten Partei knapp hinter den Sozialdemokraten auf. Seinen zweiten Triumph feierte der Mann mit dem blondierten Haupthaar in London. Dort zeigte er im britischen Parlament seinen islamkritischen Film „Fitna“ („Zwiespalt“) und feuerte erneut Tiraden gegen den Islam ab: Da nannte er den Propheten Mohammed einen „Barbaren, Massenmörder und Pädosexuellen“, da bezeichnete er den türkischen Ministerpräsidenten Erdoğan „Mafkees“, als Spinner.
Der Auftritt von Wilders in London war für den Niederländer deshalb ein großer Erfolg, weil ihm das britische Innenministerium 2009 noch die Einreise ins Vereinigte Königreich mit der Begründung verweigert hatte, Wilders gefährde die öffentliche Sicherheit. Wilders klagte. Ein Londoner Gericht gab ihm recht – mit der Begründung, dass Wilders auch in Großbritannien von seinem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch machen könne. >>> Von Helmut Hetzel (Den Haag) (Die Presse) | Samstag, 06. März 2010
DIE WELTWOCHE – Auszug: In den internationalen Medien wird Wilders als extremer Rechtsaussen dargestellt. Das ist er nicht. Seine Gegner und ungenügend informierte ausländische Berichterstatter übernehmen gern die Kritik politisch korrekter niederländischer Politiker und Journalisten. Wilders ist hochgewachsen, er hat eine auffällige Haartracht, und wenn man ihm persönlich begegnet, frappiert der grosse Kontrast zwischen seinem Image in den ausländischen Medien – der Kryptofaschist – und dem sanftmütigen, fröhlichen Menschen, der er in Wirklichkeit ist.
Wilders ist ein leidenschaftlicher Populist, der ganz genau weiss, wann er die Medien mit extremen Äusserungen provozieren kann. Er hat eine breitgefächerte Anhängerschaft von Sozialisten bis hin zu Konservativen, die sich allesamt Sorgen um die Zukunft des Wohlfahrtsstaats machen – der per definitionem nur Bestand hat, wenn die Solidargemeinschaft zu den Werten des Nationalstaats steht.
Wilders wahrt achtsam Distanz zu Parteien und Gruppierungen, die als rechtsradikal eingestuft werden. Täte er das nicht, würde er seine Anhänger in den Niederlanden sofort verlieren. Setzt er seinen Vormarsch fort und verdrängt die arrivierten Parteien, dann kann er, falls er nicht ermordet wird, die Fahne Fortuyns nach den nächsten Wahlen in die Räume des Ministerpräsidenten tragen. Ein sanftmütiger, fröhlicher Mensch >>> Von Leon de Winter* | Mittwoch, 10. Juni 2010
*Leon de Winter ist Autor verschiedener Romane, Drehbücher und Erzählungen.
Aus dem Niederländischen von Hanni Ehlers