Wednesday, June 24, 2009

Wie wird man Ayatollah?

TAGES ANZEIGER: Die Unruhen im Iran haben Machthaber Ayatollah Khamenei ins Rampenlicht gerückt. Doch was macht ein Ayatollah genau? Und wie wird man das? Tagesanzeiger.ch /Newsnetz beantwortet die wichtigsten Fragen.

Was ist ein Ayatollah? Ayatollah bedeutet «Zeichen Gottes» und ist ein hoher Rang in der Hierarchie der schiitischen Rechtsgelehrten. Im Iran gibt es rund zwei Dutzend Ayatollahs in der führenden Geistlichkeit, Machthaber Ali Khamenei ist auch einer. Die Schiiten glauben, der verschwundene zwölfte Imam – ein Nachfahre des Propheten Mohammed – werde als Retter wiederkehren. Bis dieser «Verborgene Imam» zurückkehrt, sind die islamischen Geistlichen sozusagen seine Stellvertreter. Die Aufgabe der Ayatollahs ist es nun, islamisches Recht zu interpretieren und auszulegen. Sie sind jedoch nicht unfehlbar, ihre Entscheidungen gelten nur zu Lebzeiten und könnten von den Nachfolgern revidiert werden.

Wie wird man Ayatollah? Anders als im Christentum sind die islamischen Geistlichen keine Priester mit Weihe, sondern Gelehrte. Ihr Studium besteht zu einem grossen Teil aus Rechtskunde. Im Laufe der Zeit, mit wachsendem Ansehen, steigen die Rechtsgelehrten die Hierarchieleiter hoch; und nach jahrzehntelangem Studium können sie sich Ehrentitel erwerben. Der erste nennt sich «Autorität des Islams und der Muslime», die nächste Stufe ist der Rang des Ayatollahs. Für die Vergabe dieser Würden gibt es jedoch keine Regeln: Der Geistliche wird von seinen Anhängern sogenannt, und die Anrede setzt sich durch oder nicht. Letztlich wird die Stellung eines Rechtsgelehrten bei den Schiiten von den Gläubigen bestimmt. Je mehr Anhänger er hat, desto einflussreicher ist er. >>> Von Claudio Habicht | Mittwoch, 24. Juni 2009