Friday, March 27, 2009

Ermittlungen: In der Schmuddelecke

ZEIT ONLINE: Haben Islamfunktionäre eine kriminelle Vereinigung gebildet? Das wäre verheerend, auch für Schäubles Islamkonferenz

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Merkwürdige Verbindungen unter dem Dach des Glaubens: Betende in einer deutschen Moschee. © ddp

Mit seinen tadellosen Anzügen, dem akkurat gestutzten Vollbart und den grauen Schläfen strahlt Ibrahim el-Zayat die selbstbewusste Seriosität eines Managers aus. In der Öffentlichkeit tritt der in Marburg geborene Deutsche wie ein wandelndes Dementi integrations- oder gar staatsfeindlicher Umtriebe auf. Ein Image, das viele, gerade in den Sicherheitsbehörden, für Fassade hielten. Sie werden sich jetzt bestätigt fühlen: Die Staatsanwaltschaft München I sieht den Islamfunktionär als zentrale Figur einer kriminellen Vereinigung. Sie wirft ihm und fünf anderen Beschuldigten vor, seit mehr als sechs Jahren ein verwirrendes Geflecht von Vereinen und Hilfswerken arrangiert zu haben, um etwa Fördergelder unrechtmäßig zu kassieren. Die Gruppe wollte damit, so der Verdacht, den internationalen Kampf der Muslime gegen »Ungläubige« stärken, indem sie extremistische und gewaltbereite Organisationen finanziell unterstützte.

Das Verfahren birgt politische Brisanz. Dahinter steht erneut die Frage nach der Glaubwürdigkeit des in Verbänden organisierten Islams: Wen hat sich Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) in die Islamkonferenz eingeladen? So gehört zu den Verdächtigen auch Oğuz Üçüncü, Generalsekretär der Milli Görüș, der zumindest mittelbar an dem Forum teilnimmt. Stellt sich am Ende heraus, dass die Gesprächspartner unter anderem Kriminelle waren, die an einem Tag im Ministerium blumige Reden hielten, und am nächsten Staatsgelder beiseitegeschafft haben, ist nicht nur der Ansatz der Islamkonferenz in Frage gestellt, mit »den Vernünftigen« in einen Dialog zu treten, sondern ebenso der Minister blamiert.

Fällt das Verfahren in sich zusammen, ist dagegen die bayerische Staatsanwaltschaft bloßgestellt. Denn die Münchner Ermittler fahren schweres Geschütz auf: Es geht um Betrug, Urkundenfälschung und Geldwäsche, um den Verdacht, dass sowohl fundamentalistische wie terroristische Aktivitäten gefördert wurden – aber um wie viele Fälle, welche Gesamtsummen, dazu will sich die Staatsanwaltschaft derzeit noch nicht äußern. >>> Von Christian Denso und Martin Spiewak | © DIE ZEIT | Donnerstag, 26. März 2009

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