Sunday, May 07, 2017

Neonationaler Zeitgeist: Europa braucht eine Leitkultur


SPIEGEL ONLINE: Quer durch Europa beschwören Politiker die nationale Selbstbesinnung. Statt Unterschiede zu betonen, sollte lieber herausgestellt werden, was die Europäer bereits verbindet. Denn in vielem sind wir uns schon lange nah.

Wer sind wir? Was sind wir? Wer gehört dazu, wer nicht? Wie muss man sein, um dazuzugehören? Fragen, die derzeit viele Nationen beschäftigen.

Im französischen Wahlkampf (ab Sonntagabend werden die Resultate die halbe Welt beschäftigen) ging es nicht nur um Wirtschaftsreformen und die Mitgliedschaft in EU und Euro, sondern letztlich auch um sehr unterschiedliche Interpretationen des Französischseins. In Großbritannien rücken die bevorstehenden Brexit-Verhandlungen und die beginnenden Kampagnen für die Unterhauswahlen die englische Identität in den Mittelpunkt. In Polen ist eine nationalkonservative Regierung am Werk, in Ungarn beschwört Premier Viktor Orbán die angeblich uralten Traditionen des Magyarentums. Selbst in Deutschland ist erneut ein Streit darüber entbrannt, ob wir eine "Leitkultur" brauchen und was das eigentlich ist. » | Eine Kolumne von Henrik Müller | Sonntag, 7. Mai 2017